In welcher Internetblase befinden Sie sich gerade? Welches Video oder welcher Artikel hat Sie einmal zum Klicken verleitet – und seither werden Sie mit Vorschlägen bombardiert, die Sie eigentlich gar nicht interessieren oder lieber ignorieren würden?
Ich werde neuerdings mit Kurzfilmchen über den "lieben Diktator" Kim Jong Un belästigt, die mir zeigen sollen, was für ein weiser Führer er doch sei. In schicken Locations applaudieren glückliche Nordkoreaner der einzigen übergewichtigen Person ihres Landes. Diese Aufnahmen wirken wie direkt aus dem Ministerium für Propaganda. Ärmere Regionen, in denen Menschen hungern, sind nie zu sehen – ebenso wenig wie Soldaten, die in der Ukraine verheizt werden. Immerhin: Die Aufnahmen wurden vermutlich wirklich gemacht und stammen nicht von einer KI.
Wenn man in die Blase der MAGA-Sekte rutscht, stößt man auf Berichte über das „Familienoberhaupt“ Donald Trump, der sich angeblich rührend um seine Familie kümmert, stolz seinen Enkeln beim Singen zuhört und seiner Frau aufopferungsvoll den Regenschirm über den Kopf hält. Kann man einem solchen Mann nicht ein ganzes Land anvertrauen? Besonders hervorgehoben wird derzeit seine Enkeltochter Kai Trump, die ja schon so selbstständig sei und alleine in einem bescheidenen Appartement lebe. Golf spielen kann die Göre übrigens auch.
Donald Trump Junior hat in Katar übrigens seine eigene Präsidentschaft nicht ausgeschlossen. Da weiß man, wohin die Reise geht – wenn man das Pack lässt.
All das hat mit der Dead-Internet-Theorie nur am Rande zu tun, zeigt aber, wie sehr man die Lust verlieren kann, sich im Internet manipulieren zu lassen. Nur weil etwas im Internet steht – oder gedruckt wurde –, ist es noch lange nicht wahr. Das gilt bereits seit der Erfindung des Buchdrucks. Ein frühes Beispiel für ein manipulatives Werk mit zweifelhaftem Wahrheitsgehalt ist der Malleus Maleficarum (Hexenhammer), 1486 von Heinrich Kramer veröffentlicht. Dieses Buch diente dazu, die Hexenverfolgung zu rechtfertigen und zu fördern, und enthielt zahlreiche unbegründete Behauptungen und erfundene Geschichten über Hexerei. Das Phänomen ist also nicht neu.
Neu hingegen sind die künstlichen Intelligenzen. Filme, die mit einfachen Prompts erstellt werden können und zunehmend schwerer als Fälschungen zu erkennen sind.
Während ich in den Anfangsjahren des Internets noch von echten Personen beschimpft wurde, wenn ich einen unliebsamen Kommentar unter einen Blog oder ein Video setzte, übernehmen das inzwischen automatisierte Bots. Es juckt mich beides nicht – doch damit kommen wir zum Kern der Dead-Internet-Theorie:
Sie besagt, dass das Internet im Jahr 2016 oder 2017 „gestorben“ ist und seither überwiegend von KI-gesteuerten Bots dominiert wird, die sich als Menschen ausgeben.
Ist da draußen wirklich noch jemand?
Vorsicht war im Netz schon immer geboten – selbst seriöse Quellen können sich irren. Genau deshalb sind etablierte Informationsmedien heute wichtiger denn je. Es ist ratsam, sich nie auf eine einzige Quelle zu verlassen und verschiedene Artikel zu vergleichen. Dank inzwischen sehr guter Übersetzungstechnologien ist es sogar möglich, sich auch im Ausland zu informieren, um weitere Perspektiven zu erhalten. Wer dazu nicht bereit ist, sollte sich lieber auf KI-generierte Katzenvideos beschränken – und vermeiden, auf alberne Verschwörungstheorien hereinzufallen.
Menschen wie Trump oder Putin wollen, dass wir dümmer werden, damit wir sie nicht infrage stellen.