Die wichtigste Aufgabe eines ehrenamtlichen Mitarbeiters ist wohl, Fragen zu beantworten, um den reibungslosen Tagesablauf zu garantieren und dem Besucher und den Athleten einen angenehmen Besuch sicherzustellen. Schon an meiner ersten Videokonferenz – nennen wir es mal „dem Einstellungsgespräch“  – deutete ich an, derzeit nicht eine einzige Frage beantworten zu können. Abhilfe soll die „Académie 2024“ verschaffen.

Dafür erhielten wir eine E-Mail mit der Aufforderung, uns in das Portal der Benevolas zu begeben und dort dem Link in das Schulungsforum zu folgen. Dort erwarteten uns – Filmchen.

Filmmaterial zerlegt in kleine Häppchen, einige nicht länger als drei Minuten lang, was wohl der nachlassenden Konzentrationsfähigkeit der Generation Smartphone geschuldet ist. Vorteil: Man muss es nicht in einem Rutsch wegbingen, sondern kann sich die Pflichtfilmchen bei Gelegenheit anschauen.

Ich war schon immer ein Großmeister der Fettnäpfchen, dem es in der Vergangenheit mit begnadeter Präzision regelmäßig gelang, unangenehm aufzufallen. Ein Problem bereitet mir dabei meine rheinische Art mit dem verbundenen Hang zur Ironie. Ich bin mir dessen durchaus bewusst und arbeite seit Jahren an mir, mich zu beherrschen, aber so mancher Westfale ist schon an mir verzweifelt, weil er mein Vokabular zwar beherrschte, sich aber aus dem Gesagten keinen Reim machen konnte. So mancher wird mich einfach für bekloppt halten. Bei den VIPs stört mich das nicht so sehr. Die sollten in der Lage sein, mit mir klar zu kommen. Bei Menschen aus einer komplett fremden Kultur, also noch jenseits der Westfalen, könnte meine wiedersprüchliche Ausdrucksweise zu Missverständnissen führen. Wie gesagt, ich werde versuchen, mich zu beherrschen, und es liegt mir fern, unsere Gäste beleidigen zu wollen.

Wirklich Kopfzerbrechen mache ich mir eher über die Paralympics. Ich habe keine Übung im Umgang mit Menschen, die körperlich eingeschränkt sind, und hoffe, dass ich nicht zu fürsorglich sein werde. Wir reden hier schließlich über Athleten, die fest im Leben stehen und aller Widrigkeiten zu Trotz viel geleistet haben. Hier gab es in Form von Interviews mit Betroffenen Hilfestellungen, die ich gerne angenommen habe und hoffentlich verinnerlichen werde.

Von den Motivationsclips habe ich mich hingegen nur berieseln lassen. Wer sich als Ehrenamtlicher aufrafft und die Anreise und seine Unterkunft selbst bezahlt, um kostenlos zu arbeiten, dem unterstelle ich, dass er mit der richtigen Einstellung seine Aufgaben erfüllen wird.

Was mich ein wenig geärgert hat, waren Shorts, die mich zum Denunzieren von Markenmissbrauch aufrufen. Ich werde nicht meine Zeit damit verbringen, Kleinsthändler zu überprüfen und mich dadurch sogar in Gefahr zu bringen. Das sollen professionelle Markenschützer übernehmen.

Es folgte eine Exkursion durch die Dopingprüfung, die Regelungen der Kontrollen und deren praktische Durchführung. Auch kam erneut der Aufruf, wenn uns etwas Verdächtiges auffällt, dies zu melden. Da es hier um Fairness und die Gesundheit der Sportler*innen geht, kann man das machen. 

Ein weiterer Film widmete sich dem Schwarzmarkt. Die Tickets sind namensbezogen und nur über das Ticketportal und die App „Paris 2024 Tickets“ zu beziehen. Gedruckte Eintrittskarten sind bei den Spielen Geschichte. Der Besucher benötigt die besagte App, um Zutritt zu den Events zu bekommen. Kurzum: Einen „funktionierenden“ Schwarzmarkt wird es nicht geben. Versuche den arglosen Besucher zu betrügen hingegen mit Sicherheit. Hier werde ich natürlich die Augen offenhalten.

Die Filme, die derzeit online sind, habe ich brav abgearbeitet, nur diverse Podcasts schiebe ich noch vor mir her. In naher Zukunft sollen wir missionsbezogen geschult werden, worauf ich mich langsam anfange zu freuen.

 

 

Bücher

  • Das Türkenhaus

    Deutschland im Herbst 1988. Der siebzehnjährige Christian leidet unter hypnopompen Halluzinationen. Seit dem Tod seiner ersten großen Liebe weicht ihm seine Fantasiefreundin Anna aus Kindheitstagen nicht mehr von der Seite. Sein behandelnder Psychologe erwägt, Christian aufgrund selbstverletzendem Verhaltens in eine psychiatrische Klinik zu überstellen.

    Weiterlesen: Das Türkenhaus

  • Lord ohne Filter

    Bei einem Spaziergang mit seinem Hund lernt der dreizehnjährige Oliver die gleichaltrige Ines kennen. Oliver bietet Ines eine Zigarette an, die er seiner Mutter zuvor stibitzte. Da er den leichten Zigaretten die Filter abbricht, wird das Rauchen von Lord ohne Filter zu Ines und Olivers Spezifikum. Doch es gelingt Ines und Oliver in den folgenden Jahren nicht, ein Paar zu werden.

    Weiterlesen: Lord ohne Filter

  • Die Lopare

    Über 250 Jahre ist es her, dass die Raumschiffe der Internationalen Raumflotte der Erde nach dem großen Krieg den Schritt wagten und in die Weiten des Weltalls aufbrachen, da sie im Sonnensystem keine Perspektive für sich sahen. Nachdem die Erde und ihre Kolonien im Sonnensystem sich von den Folgen des Konfliktes erhohlten und über überschüssige Ressourcen verfügen, bricht eine wissenschaftliche Flotte auf, um die nahen Sternensysteme zu erkunden.

    Weiterlesen: Die Lopare